Die Werbung und Unternehmenskommunikation verändern sich gerade rasant. Alles wird diverser und hipper. Ein Teil davon sind Gender-Sonderzeichen, die sich sogar in gesprochenen Worten wiederfinden. Viele Unternehmen und einige Medien springen mehr oder weniger überzeugt, teilweise auch spürbar zaghaft auf den diesen Zeitgeistzug auf.
Es gibt viele Argumente für und gegen das Gendern. Eins davon geht dabei regelmäßig völlig unter. Genau dieses möchte ich Ihnen ans Herz legen. Denn es gibt einen wichtigen Grund, der gegen das Gendern spricht: Sonderzeichen grenzen aus. Und zwar nicht die rund zwei Drittel, die es nicht wünschen, sondern die ohnehin benachteiligte Menschen. Zusätzlich haben Sie einen wesentlichen Nachteil, wenn Sie es dennoch probieren: Medien greifen Artikel und Wortproduktionen bedingt durch eine Arbeitsverdichtung seltener auf.
Vorab: Gendern hat eine Berechtigung
Ich möchte an dieser Stelle nicht missverstanden werden. Ebenso möchte ich nicht, dass mich fragwürdige Kreise für ihre Argumentation vereinnahmen. Zudem muss ich das Thema in Begrifflichkeiten vereinfachen. Daher ganz deutlich und unmissverständlich: Die deutschsprachige Gesellschaft „muss“ eine Lösung finden, diverse Personen anzusprechen. Sie „muss“ Gleichberechtigung schaffen und Diskriminierung verhindern.
Aus diesem Grund ist es auch die Aufgaben von allen, sinnvolle Ansprachen und Sprachlösungen für Menschen zu entwickeln, die weder Mann noch Frau sind. Ganz klar: Gendern und Gleichstellung sind wichtige Instrumente für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Dieser Artikel soll sich daher nicht gegen das Gendern generell, sondern gegen das falsche Gendern aussprechen. Geschlechtergerechte Sprache ist daggen wichtig.
So, wie das Gendern mit Sonderzeichen bisher läuft, ist es nicht nur sprachlich falsch. Es grenzt aus und benachteiligt viele Menschen. Damit erreichen alle, die Gender-Zeichen wie „*“, „I“, „_“, „:“ und andere nutzen, das Gegenteil dessen, was sie eigentlich beabsichtigen.
Genderzeichen: Was ist das Problem?
An vielen Stellen führen viele Expertinnen und Experten sowie Verantwortliche und leider auch viele andere, weniger mit den Tiefen des Themas vertraute Menschen eine Diskussion über das Gendern. Da prallen Welten aufeinander. Die einen behaupten, privilegierte alte weiße Männer (welch unsinniges Totschlagargument) wollen sich nicht an moderne Schreib- und Sprechweisen anpassen und diversen Menschen die Gleichberechtigung verweigern. Die anderen behaupten, ideologisch verblendete Personen verhunzen die Sprache. Das generische Maskulinum würde doch alle Menschen einschließen. Dazwischen gibt es zahlreiche Grautöne und Umfragen sowie teilweise fragwürdige Studien. Das alles ist so dermaßen aufgeladen, dass sich Menschen anfeinden und eine sachliche Auseinandersetzung kaum noch möglich ist.
Interessant ist dabei, dass auf beiden Seiten überwiegend die Leute besonders laut und vehement streiten, die gar nicht betroffen sind. Dadurch geht die ganze Genderfrage mit all den Sonderzeichen mitunter hart an der Realität vorbei. An der Stelle möchte ich Sie für einen Aspekt sensibilisieren. Einen Aspekt, der so wichtig ist und dennoch kaum Gehör findet.
Genderzeichen: Wen soll es den eigentlich ansprechen?
Die Genderschreibweisen mit Sonderzeichen wie „*“, „I“, „_“ und „:“ sollen für Gleichberechtigung, Inklusion und eine moderne weltoffene Sprache stehen. Wir kennen aber im Deutschen Schreibweisen wie „Ärzte und Ärztinnen“ oder „Ärzte/-innen“ und das generische Maskulinum (sofern es nicht als ausgrenzend verstanden wird). Daher stellt sich die Frage: Wen betreffen die Gender-Sonderzeichen eigentlich? Wer soll damit vorrangig angesprochen werden?
Die Antwort: Die gleichen Personen, für die Stellenangebot mit „m/w/d“ gekennzeichnet werden müssen. Also: Intersex-Menschen. Diese Personen haben kein binäres Geschlecht, sondern weisen Merkmale beider Geschlechter auf. In Deutschland gibt es nur wenig offizielle Daten dazu. Die Menschen, die sich das „dritte“ Geschlecht in den Personalausweis eintragen haben lassen, sind eine verschwindend kleine Minderheit von knapp fünfstelliger Anzahl.
Das ist eine laienhafte, eher juristische Betrachtung. Es mag mehr Trans-Menschen geben, die sich mit klaren Geschlechtsmerkmalen nicht im eigenen Körper zu Hause fühlen oder auf dem medizinischen Weg einer Veränderung sind. Auch für diese Menschen müssen wir eine Ansprache finden, sie fallen aber nicht unter die „Intersex-Gesetze“ (geändertes Personenstandsgesetz) und teilweise restriktive Urteile. Diese eingeschlossen schätzen Trans-Organisationen die Gesamtzahl übrigens nur auf wenige Hunderttausend.
Noch einmal ganz deutlich: Für diese Menschen, speziell die Intersex-Menschen müssen sprachliche Lösungen gefunden werden. Bisher gibt es keine angemessenen. Denn …
Gendern grenzt aus!
Nun kommt der springende Punkt. Als Unternehmen oder journalistisch tätiger Mensch für Medium möchten Sie möglichst viele Menschen erreichen. Das ist ebenso das Ziel von PR-Aktivitäten und eigenen Veröffentlichungen wie von der Berichterstattung. Genderzeichen sind jedoch für einen wesentlichen Teil der Bevölkerung schwer verständlich. Sie verkomplizieren die Sprache. Damit haben Millionen von Menschen zusätzlich zum ohnehin vorhandenen Nachteil Probleme, das Gemeinte nachzuvollziehen. Zu diesen Menschen gehören unter anderem:
- sehbehinderte und blinde Personen,
- Personen mit Lese- und Schreibschwäche/Analphabeten,
- Personen mit eingeschränkten Deutschkenntnissen,
- Personen mit geistiger Behinderung.
Nicht nur, dass sich Verbände der Betroffenen gegen Genderzeichen aussprechen und eigene Vorschläge machen. Die Zahl dieser Menschen übersteigt bei Weitem die Zahl derer, die sich durch das Gendersonderzeichen besonders angesprochen fühlen sollen. Daher sind diese Schreibweisen mit Zeichen wie „*“, „I“, „_“ und „:“ gerade nicht inklusiv, sondern extrem ausgrenzend. Den genannten Menschen wird der Zugang zu Informationen und damit die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben deutlich erschwert.
Ich möchte nachdrücklich an alle Unternehmen und Organisationen, alle Behörden und Institutionen sowie alle im Internet publizierenden Menschen appellieren, auf Genderzeichen in Text und Sprache zu verzichten. Als verantwortliche Personen haben Sie die Aufgabe, Inhalte so zu transportieren, dass sie von möglichst vielen Menschen verstanden werden. Indem Sie Sonderzeichen nutzen, grenzen Sie zu viele Menschen aus. Die Anzahl geht je nach Quellen in die Millionen! Deshalb sind Genderzeichen nicht zielführend und diskriminieren einen wesentlichen Teil der Bevölkerung, ohne in gleichem Umfang zusätzlich Menschen anzusprechen.
Update: Mein Artikel in der Fachzeitschrift Website-Boosting
Kleines Update zum Artikel. Ich habe für das Magazin Website Boosting einen Artikel unter dem Titel „Gendern: Wahn oder Sinn“ verfasst. Darin beleuchte ich sehr ausführlich die Auswirkungen auf Suchmaschinenoptimierung. Es gibt also noch einen Grund mehr, keine Gender-Sonderzeichen zu nutzen. Denn Google versteht diese nicht oder anders, als gewünscht. Sie lassen erhebliche Potenziale liegen und tragen regelrecht zu einem Deoptimieren Ihrer Webseite bei.
Gendern, aber richtig!
Ja, es ist ein Dilemma. Aber in Anbetracht der auf beiden Seiten besonders betroffenen Menschen kann es derzeit nur eine Lösung geben: Verzichten Sie auf Genderzeichen!
Sofern Ihnen das generische Maskulinum nicht ausreichend erscheint, nutzen Sie neutrale Formulierungen, doppeln Sie in Ihren Publikationen die weibliche und männliche Schreibweise oder greifen Sie auf anerkannte Dopplungen wie „…/-innen“ zurück. Nicht immer erzielen Sie damit elegante Formulierungen, nicht immer werden Sie den Kern punktgenau treffen. Aber dieses Vorgehen grenzt nicht aus und schließt wirklich alle Menschen ein. Ratgeber zu möglichen Vorgehensweisen gibt es inzwischen in ausreichender Zahl.
Tipp: Wenn Sie wirklich möglichst viele Menschen einschließen möchten, nutzen Sie möglichst viele Elemente der einfachen Sprache. Das erleichtert allen den Zugang zu Informationen.
Übrigens: Man kann ganz hervorragend einerseits gegen Gendern-Sonderzeichen sein und andererseits dennoch für Gleichberechtigung, Geschlechtersensibilität, gegen Diskriminierung und für den Schutz von Minderheiten eintreten sowie liberales und weltoffenes Bild von der Gesellschaft haben. Das geht.
Nicht vergessen: Medien lieben perfekte Presseinfos
Sofern Sie auf der Seite der Unternehmen, Organisationen, Behörden und Institutionen stehen, sollten Sie sich einen weiteren Punkt vergegenwärtigen. Auch wenn es immer wieder Medien gibt, die Genderzeichen nutzen und immer wieder journalistisch tätige Menschen bis in die Nachrichtensendungen hinein Genderzeichen „sprechen“, sollten Sie in Ihren Publikationen, ganz besonders aber in Presseinformationen darauf verzichten.
Pressemitteilungen haben die Aufgabe, einen Sachverhalt so an die Medien weiterzugeben, dass diese den Text nach Prüfen des Sachverhalts im Zweifelsfall unverändert übernehmen können. So, wie Sie auf Großbuchstaben verzichten und Markenzeichen wie „©“, (r), oder „TM“ im Text weglassen sollten, sollten Sie auch Genderzeichen weglassen. Denn die meisten Medien müssten diese aufwendig aus dem Text entfernen. Dadurch sinkt die Bereitschaft, das Thema auch nur zu verfolgen oder dieses gar zu veröffentlichen.
Benötigen Sie Unterstützung beim Verfassen Ihrer Pressemitteilungen? Hier finden Sie mein Angebot!
Fazit: Lassen Sie es, es ist besser so!
Wenn Sie die Öffentlichkeit erreichen möchten, verzichten Sie auf Genderzeichen. Wenn Sie möglichst wenig Menschen ausgrenzen möchten, verzichten Sie auf Genderzeichen. Wenn Sie bei Medien Gehör finden möchten, verzichten Sie auf Genderzeichen.
Denken Sie immer daran: Sprache hat in erster Linie die Aufgabe, Informationen zu transportieren. Genau das erschweren die neuen Schreib- und Sprechweisen mit Sonderzeichen für einen wesentlichen Teil der Bevölkerung.
Bis es in der Breite akzeptierte Lösungen für die Ansprache von Intersex-Menschen gibt, ist der klassische Weg der doppelten Ansprache die beste Wahl. Dieser schließt möglichst viele Menschen ein, ist klar verständlich und führt nicht zu Missverständnissen beim Lesen und Hören. Dennoch müssen wir alle daran arbeiten, auch Personen mit unbestimmtem Geschlecht sprachlich korrekt anzusprechen. Vor uns liegt ein weiter Weg, bei dem das Abwägen der Interessen wichtig ist. Ausgrenzende Schreib- und Sprechweisen sind jedoch nicht das Mittel für weniger Diskriminierung, sondern diese erschweren vielen ohnehin Benachteiligten den Zugang zu Informationen und zur gesellschaftlichen Teilhabe.